Von: Gabriela Moser [mailto:gabriela.moser@gruene.at]
Gesendet: Mittwoch, 06. Oktober 2010 17:30
An: 'BM Doris Bures'
Betreff: Fluglärm, insbesondere in Wiener Randbezirken


Sehr geehrte Frau Bundesministerin, liebe Doris!

In der Wahlkampagne der Wiener SPÖ geht es prominent auch um den Begriff Lebensqualität, um ein lebenswertes Wien für alle Bürger, und dergleichen mehr. In diesem Zusammenhang erreichen uns in den letzten Wochen noch mehr Protestmails der von unzumutbarem Fluglärm belasteten Bewohnerinnen und Bewohner mehrerer Wiener Randbezirke als üblich. Der Unmut der Bürgerinnen und Bürger über die Einschränkung ihrer Lebensqualität in diesen Stadtteilen durch die Fluglärmbelastung ist im 23., 14., 12., 11. und 10. Bezirk sichtlich besonders gravierend. Groß ist sichtlich weiters das Unverständnis über den für Betroffene besonders ärgerlichen Widerspruch zwischen SPÖ-Kampagnenaussage und alltäglicher Lebensrealität in noch dazu SPÖ-regierten Bezirken der SPÖ-regierten Stadt Wien. Dazu kommt noch, dass Aussagen prominenter SPÖ-PolitikerInnen wie "keine Überflüge in Liesing ab 21 Uhr" offensichtlich nicht den Tatsachen entsprechen.
Der Unmut ist aber auch auf grundsätzlicherer Ebene gut nachvollziehbar, denn wer seinerzeit in (nunmehr ehemaligen) Ruhelagen seinen Wohnsitz gefunden und dafür den logischerweise höheren Marktpreis gezahlt hatte, dann aber 2004 durch die Umlegung der Flugrouten Leidtragende/r der Entlastung anderswo wurde, ist ja tatsächlich besonders betroffen, weil er/sie nicht "nur" der bekanntermaßen auch gesundheitsgefährdenden Lärmbelastung ausgesetzt ist, sondern dazu auch noch gravierende wirtschaftliche Nachteile hat.

Ich habe nach jahrelanger intensiver Befassung mit dem Thema großes Verständnis für die Kritik der Betroffenen. Dass der Unmut sogar zunimmt, hat auch mit dem leider nicht selten bürgerfeindlichen und hoheitsstaatlich abgehobenen Umgang mit den BürgerInnen besonders durch beamtete Vertreter von Flugverkehrs-Interessen in Deinem Zuständigkeitsbereich zu tun, verschärft durch den wiederholt schleppenden Umgang bis hin zur provokanten Untätigkeit beim Thema Fluglärm selbst dann, wenn es um völlig unmissverständliche rechtliche Verpflichtungen geht.
Weit über das ungelöste Thema Fluglärm hinaus ist vom Skylink-Debakel bis zur rechtlichen Blamage rund um unterlassene UVPs in Schwechat nach unserem Dafürhalten hinreichend bewiesen, dass diese Art von Umgang mit diesem Politikfeld nicht zielführend ist.

Dennoch verzichte ich darauf, die Protest-Mails zum Fluglärm-Thema wie mit den zuvor Zuständigen im BMVIT gehandhabt einzeln an Dich bzw. Dein Kabinett weiterzuleiten, da die allermeisten der somit sehr berechtigten Unmutsäußerungen von den Betroffenen so wie an uns ohnedies auch an das BMVIT und die ACG als dem BMVIT nachgeordnete Dienststelle gesandt werden.
Es sind darin neben dem verständlichen Ärger über nächtliche, frühmorgendliche und sonstige und teilweise vermeidbar erscheinende Lärmbelästigungen immer wieder auch konkrete Anliegen enthalten, die von von Dir und Deinen Fachleuten im Zusammenwirken mit der Flughafen AG und der Stadt Wien - hier wie dort sind ja ebenfalls SPÖ-Vertreter federführend tätig - aktiv gelöst werden könnten und aus meiner Sicht müssten (zB Hinweise auf die Nichteinhaltung der Luftverkehrsregeln, Nachtflugverkehr trotz angeblichen Verbots, Anleitung der von sich aus offenbar nicht handlungswilligen ACG zum Handeln durch BMVIT, ...).

Die entsprechenden Eingaben liegen Dir und Deinen ExpertInnen vor; ich gehe davon aus, dass diese Anregungen im BMVIT und seinen nachgelagerten Stellen ernst genommen und zur Umsetzung gebracht werden.

Ich möchte aber die Gelegenheit nützen, Dich im speziellen darum zu ersuchen,
1. das Thema Fluglärmschutz für Wien und Umgebung wieder auf Deine Agenda zu nehmen, um den Protest nicht weiter eskalieren zu lassen;
2. die weiteren Ausbaupläne in Schwechat, die das Problem weiter verschärfen würden, incl. der dazu vorbereitend noch geplanten rechtlichen Schritte - einseitig flughafenfreundliche Schwellenwerte etc. - dringend zu überdenken, nicht zuletzt wegen der großen Gefahr von "stranded investments" bei absehbar kräftig steigenden Öl- und damit Treibstoffpreisen;
3. der in Deiner verkehrspolitischen Programmatik erfreulicherweise prominent vertretenen Verlagerung von Verkehr auf die umweltfreundliche Schiene auch dadurch praktischen Nachdruck zu verleihen, dass die Kostenwahrheit beim Flugverkehr rasch verbessert wird, wozu sich neben einer Flugticketabgabe bzw. Ticket-MWSt und komplexeren Projekten wie der dringend nötigen Kerosinbesteuerung insbesondere ein unilateral sofort umsetzbares Ende der Grundsteuerbefreiung für Flughäfen anbieten würde.

Da Du ja nicht "nur" thematisch zuständige Ministerin, sondern auch Bezirksvorsitzende der SPÖ-Liesing bist, ersuche ich abschließend noch gesondert darum, Deinen sicherlich großen persönlichen Einfluss dahingehend geltend zu machen, dass die 2004 erfolgte verkehrstechnisch unnötige und nicht nur aus Gesundheits- und Umweltperspektive, sondern auch in Sachen Sicherheit fragwürdige Konzentration von Flugbewegungen über "Deinem" Bezirk dringend überdacht und korrigiert wird.

Ich hoffe auf eine entsprechende Änderung der Linie des BMVIT zum Thema Fluglärm und danke im voraus für Deine Bemühungen im angesprochenen Sinn.

Mit besten Grüßen

Gabriela Moser

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Dr. Gabriela Moser, Abg. z. NR, Verkehrs-,
Infrastruktur-, Bauten- und Tourismussprecherin der Grünen
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