Verwirrende Antworten der Flughafenhotline auf ein Beschwerdemail wegen des unzumutbaren Fluglärms in Liesing im Februar 2012 und der Versuch einer möglichst objektiven Kommentierung
 
Flughafenhotline: Das Team des Infotelefons Umwelt & Luftfahrt bestätigt den Erhalt Ihres Schreibens und bedauert, dass Sie sich durch Flugverkehr gestört fühlen.

Kommentar:
 Ob das Bedauern echt ist und ob es sich nicht hauptsächlich darauf bezieht, dass eine Beschwerde mehr aus Liesing kommt und damit die Behauptungen von Experten zur 3. Piste über die Nichtbetroffenheit Liesing widersprochen wird, ist bei einem anonymen Schreiben naturgemäß nicht überprüfbar
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Flughafenhotline: Einleitend kann festgestellt werden, dass die Flugbewegungslenkung im Zuständigkeitsbereich der Austro Control GmbH liegt, die Flughafen Wien AG jedoch nur die Infrastruktur (Pisten/Abfertigungsgebäude/etc.) zur Verfügung stellt.

Kommentar: Tatsache ist, dass der Flughafen sich hier aktiv in die Routenplanung eingebracht hat, in dem er ein Mediationsverfahren gestartet und finanziert hat. In diesem wurde die für die Bevölkerung überfallsartig erfolgte Flugroutenverlegung nach Liesing ohne Beteiligung eines Vertreters des Bezirks  beschlossen. Weiters finanziert der Flughafen ein Dialogforum, dessen Ziel die Einhaltung der "Errungenschaften" des Mediationsvertrags (für die Flugverkehrslobby) ist. Beide Konstrukte werden sowohl von der Politik als auch der Austro Control als Rechtfertigung verwendet, warum - entgegen dem Sinn der Luftverkehrsregeln - seit 2004 vermehrt über dicht besiedeltes Gebiet geflogen wird. Geht es hingegen um die Einhaltung von Vereinbarungen sind weder die Austro Control noch die niederösterreichische Landesregierung ("UVP-Verfahren zur 3. Piste") an diesen privaten Vertrag gebunden. 

 
Flughafenhotline: Darüber hinaus können wir mitteilen, dass jeder Flug - Start und Landung - vom Flughafen Wien/Umweltcontrolling im Rahmen des täglichen Monitorings (unabhängig von Beschwerden) auf seine Vertragskonformität überprüft wird und etwaige Abweichungen an die österreichische Flugsicherung (ACG) zur Evaluierung weitergeleitet werden.

Kommentar: Abweichungen aller Art sind ganz offensichtlich ohne Konsequenzen. Die Austro Control ist nicht einmal bereit zu erklären, worin die verkehrstechnische Notwendigkeit besteht, wenn kurz vor 22 Uhr Propellerflugzeuge direkt über Liesing starten obwohl es zu dieser Zeit kaum Flugbewegungen gibt und somit eine verkehrstechnische Notwendigkeit nicht nachvollziehbar ist.
 
Flughafenhotline: Die An- und Abflugstrecken wurden im Rahmen des Mediationsverfahrens unter Mitwirkung der daran beteiligten Verfahrensparteien im Konsens beschlossen und in weiterer Folge vom Verkehrsministerium als Oberste Zivilluftfahrtbehörde genehmigt. Diese Routen wurden nicht primär nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten gewählt, sondern mit dem Ziel, die Anzahl der Betroffenen möglichst gering zu halten.

Kommentar:
 Alleine durch die Ausweitung der Flugrouten nach Norden sind mindesten 50.000 Personen zusätzlich betroffen. Weiters ist im Süden Wiens auch die Stadt Mödling betroffen. Insbesondere unmittelbar nach der Flugroutenänderung 2004, wo eine Flugroute direkt über Mödling und die Flugroute über Liesing um rund 800m weiter nördlich ging als jetzt. Wenn die Flugrouten also nicht nach wirtschaftlichen Gesichtpunkten sondern nach der Anzahl der Betroffenen gewählt wurde, dürfte es demnach bestimmte Betroffene geben, die um einen ungeheuren Faktor mehr zählen als andere. Beispielsweise der Chef der Austro Control und der Flughafenvorstandssprecher, die damit privat von jeweils einer Abflugroute befreit wurden (Wohnorte als rote Kreise in der unten stehenden Grafik).

 
Flughafenhotline: Flugzeuge mit nördlichen bzw. nordwestlichen Destinationen werden – je nach Pistenkonfiguration (Westwind, Windstille bzw. Süd/Südostwindkonfiguration) zu den internationalen Übergabepunkten KOVEL, LANUX, LEDVA und MIKOV geleitet. Zum Teil erfolgt dies auch über die Piste 29 auf den zugehörigen Abflugstrecken, die Centerline dieser Abflugstrecke liegt im Bereich Liesingtal bei der Breitenfurter Straße bzw. Zemlinskygasse. Im Bereich Laab im Walde liegt der nächste Wegpunkt, von wo aus die Flugzeuge dann die internationalen Punkte ansteuern.

Kommentar:
 Laut Pistenbelegungsplan der Austro Control erfolgen die Starts über Liesing in der Phase, in der die meisten Flugzeuge starten, nur bei Windstille über Liesing. Alleine daraus ergibt sich schon, dass es für die Flugroute über Liesing keine "kapazitätsmäßige" Notwendigkeit gegen kann. Und das Windstille zwingend das Überfliegen dicht besiedelten Gebiets notwendig machen sollte, würde bestenfalls als Lachnummer durchgehen.


Flughafenhotline: Diese Flugspuren sind auf dem Online-Portal www.flugspuren.at nachvollziehbar. Zur Detailinformation steht Ihnen das „Zoom-Tool“ zur Verfügung.

Kommentar:
Diese Information sind unvollständig, verschweigen Maschinentyp und Fluglinie und erfolgen immer erst am übernächsten Tag. Also dann wenn sich Betroffene bereits über andere Überflüge ärgern, zu denen es wiederum noch keine Informationen gibt.

 
Flughafenhotline: Diese für Liesing relevanten Abflugstrecke wurde im Jahr 2004 von Perchtoldsdorf (STO2C/MEDIX2C/LUGIN2C) entflechtet und in eine etwas nördlicher liegende Abflugstrecke in Richtung KOVEL/LANUX/STO sowie in eine weiter südlicher liegende Abflugstrecke in Richtung LUGIM und MOTIX aufgeteilt.
Eine Adaptierung der nördlichen Abflugstrecke und eine Rückverlegung um rund 1km in die heutige vorherrschende Lage fand im Jahr 2005 statt.
Anbei möchten wir Ihnen zu diesem Thema einen Auszug aus dem Teilvertrag zur Kenntnis bringen:
 III Teilvertrag "Aktuelle Maßnahmen" c) Bezirk Liesing
Der Waypoint WW 290 der Abflugroute Stockerau von Piste 29 wird so verschoben, dass vorzugsweise über das Liesingtal geflogen wird. Diesbezüglich gab es einen Konsens des Bezirkes Liesing und der Bürgermeisterkonferenz des Bezirkes Mödling. Den BIs "Stop Abfluglärm Liesing" und "Stop Fluglärm Wien Süd-West" war diese Lösung nicht weitgehend genug. 
Insgesamt betrachtet erfolgt die Enlastung der Bezirke Mödling, Liesing und der Gemeinde Zwölfaxing und Rustenfeld durch die Reduktion der Anzahl der Flugbewegungen um mindestens 40% auf dieser SID. Durch die Verlegung der SID sowie die Reduktion der Anzahl der Flugbewegungen wird sichergestellt, dass die Situation für die Liesinger Bevölkerung jedenfalls besser ist als sie wäre, wenn die im Teilvertrag "Aktuelle Maßnahmen" beschlossenen Änderungen der Abflugstrecken 29 nicht erfolgt wären. 

Kommentar:
Im Zusammenhang mit der Flugroutenverlegung auf Liesing von Konsens zu reden ist irreführend, so hat der Liesinger Bezirksvorsteher zum Unterschied von vielen anderen Wiener Bezirksvorstehern den Mediationsvertrag nicht unterschrieben. Dass es seitens des Liesinger Bezirksvorstehers Zustimmung dafür gab, wenigstens einen Teil der Verschlechterungen zurücknehmen zurückzunehmen, ist wenig verwunderlich, ist aber nicht als Persilschein für die unnötige Belastung Liesing zu verstehen. Leider gibt es die vereinbarte Reduktion um 40% ohnehin nur am Papier und nicht in der Realität. Das belegen ausgerechnet die Zahlen des Flughafens die in unten stehender Grafik zusammengefasst sind:

Vereinbarungen im Dialogforum nicht eingehalten - 46,5% Überschreitung der Sollwerte

Die Austro Control hat dazu öffentlich erklärt, dass sie diese Vereinbarung nicht für bindend erachtet, da es sich ihrer Meinung nach bei den Sollwerten nur um Abschätzungen handelt. Das ist unverständlich, da der Sinn von Sollwerten auf einer Windstille-Flugroute über dichtest besiedeltes Gebiet nicht darin bestehen kann, diese jahrelang ohne Notwendigkeit zu ignorieren.

Dass es durch die Flugroutenverlegung gegenüber der Situation 2003 zu keiner Verbesserung gekommen ist, ist auch offensichtlich und durch mehr als 12.000 Unterschriften welche die Einstellung fordern, belegt. Antworten auf Beschwerdemails mit Sätzen wie "Durch die Verlegung der SID sowie die Reduktion der Anzahl der Flugbewegungen wird sichergestellt, dass die Situation für die Liesinger Bevölkerung jedenfalls besser ist als sie wäre, wenn die im Teilvertrag "Aktuelle Maßnahmen" beschlossenen Änderungen der Abflugstrecken 29 nicht erfolgt wären." weisen auf einen mehr als bedenklichen Grad an Realtiätsverweigerung durch die dafür verantwortlichen Mitarbeiter des Flughafens wenn nicht durch die dafür letztverantwortliche Flughafenleitung selbst hin.
 
Flughafenhotline:  Der gesamte Bezirk Liesing liegt somit außerhalb der 45dB Zone. 

Kommentar: Die Behauptung "Der gesamte Bezirk Liesing liegt somit außerhalb der 45dB Zone." ist sowohl falsch als auch irreführend.  Liesing liegt am Rand bereits in der 45 dBA Zone und nicht vollständig ausserhalb - dass geht aus dem Evaluierungsbericht des Flughafen-Dialogforums für 2010 hervor:

Evaluierungsbericht des Flughafens widerspricht Aussagen der Hotline dass Liesing völlig ausserhalb der 45 dBA-Zone liegt

Dass Fluglärm spätestens ab 40 dBA Dauerschallpegel Fluglärm unter Tags als gesundheitsschädlich einzustufen ist, insbesondere wenn dieser in den Tagesrandzonen konzentriert ist, wird von der Flughafenhotline geflissentlich verschwiegen.
Fluglärm bereits ab 40 dBA unter Tags stark gesundheitsschädlich
Geht man - so wie von Prof.. Greiser empfohlen von den 24h-Dauerschallpegeln aus, so ergibt sich für die Bewohner des 23. Bezirks und ihrer Nachbarn eine
massive Erhöhung des Gesundheitsrisikos für eine Reihe von schweren Erkrankungen. Im übrigen geht aus den Flughafenunterlagen hervor, dass mit einer 3. Piste eine Vervierfachung der Starts über Liesing geplant sind, der gesamte Bezirk somit weit über 45 dBA Fluglärm hätte. Es geht dem Flughafen also in Wahrheit nicht einmal um eine gleichmässige Verteilung von Fluglärm.
 
Flughafenhotline: Ohne dieser Änderungen (also ohne das Aufsplitten der STO2C/MEDIX2C/LUGIN2C in KOVEL1C/LANUX1C/LEDVA2C/MIKOV3C und in MOTIX1C/LUGIM1C, sowie die Umverteilung von mindestens 40% der Starts von Luftfahrzeuge mit nördlichen Destinationen) würden demnach anstatt von heute durchschnittlich 34 Flugzeugen pro Tag ( in 2011) auf der jetzigen Strecke,  insgesamt 88 Flugzeuge (48 Flugzeuge mit nördlichen Destinationen sowie 40 Flugzeuge auf MOTIX1C/LUGIM1C – Stand Ende Juli 2010) auf der vor 2004 gültigen Strecke im Bereich Perchtoldsdorf,  weniger als 2 km südlich der Breitenfurter Straße, fliegen.

Kommentar:
 Der Abstand der alten Flugroute zur neuen Flugroute beträgt zwischen 1,6 km bei Siebenhirten, 2,2 km in Liesing und 3 km in Mauer da die Flugroute nicht nur nach Norden verschoben sondern auch noch in diese Richtung verschwenkt wurde. Damit ist die Verschlechterung gegenüber früher in vielen Bereichen weit stärker als behauptet. Weiters hätte diese Flugroute selbst bei einer Aufteilung vollständig weiter nach Süden verlegen können, denn wie aus der Lage der jetzigen Flugrouten erkennbar, wäre selbst für 5 Flugrouten ausreichend Platz vorhanden, ohne über Liesing oder Brunn am Gebirge zu fliegen.

 
Flughafenhotline: Als ein weiteres Ergebnis des Mediationsvertrages wurde im Zeitraum von 23:30 bis 05:30 die Reduktion auf 3000 Flugbewegungen jährlich (d.s. durchschnittlich 4 Starts und 4 Landungen pro Nacht) bis zur Eröffnung der 3. Piste vereinbart. Dies war eine der Bedingungen der Mediationsparteien und auch des das Verfahren begleitenden Mediziners, Flugverkehr in den Nachtstunden akzeptieren zu können. Bereits seit 1.1.2007 sind die nächtlichen Flugbewegungen pro Jahr auf ca. 5.800 Starts und Landungen limitiert, und wurden bis Ende 2011 auf 4.700 pro Jahr weiter reduziert. Durch diesen Wert sind bei Nichterrichtung der möglichen 3.Piste die Nachtflugbewegungen auch für die Zukunft in jedem Fall gedeckelt.

Kommentar:
 Selbst eine ähnliche Einschränkung der Nachtruhe von 0 auf 5 Uhr wird von anderen Medizinern als Anleitung zur Körperverletzung eingestuft.
Noch dazu wo selbst in dieser Zeit geflogen werden soll und kurz davor und danach mit einer erhöhten Anzahl an Flugbewegungen zu rechnen ist. Womit sich die Frage stellt, wer der Mediziner war, der so etwas angeblich für gut oder unproblematisch befunden hat. Dazu ist aber auch anzumerken, dass entsprechende Studien über nur geringfügige Auswirkungen von Nachtfluglärm  in Deutschland laut Prof. Greiser als in „wesentlichen Punkten frei erfunden“ erscheinen. Im übrigen ist nicht klar, worin die damit für Liesing suggerierte Verbesserung bestehen soll, da der 23. Bezirk vor 2004 weder unter Tags noch in der Nacht überflogen wurde.
 
Flughafenhotline: Zu einer – wie von Ihnen angedachten – Verlegung der für Liesing relevanten Abflugstrecken kann mitgeteilt werden, dass dies im aktuellen 2-Pistensystem nicht möglich ist. Abgesehen davon hätte eine Verlegung um z.Bsp. 100m in Ihrem Bereich – ob der relativ großen Überflughöhen - keinerlei Einfluss auf die Fluglärmsituation in Ihrem Bereich.

Kommentar:Offensichtlich will man am Flughafen an der unnötigen Flugroute über Liesing festhalten und behauptet daher einfach, es gäbe keine Alternativen dazu. Etwas was sich nicht einmal Herr Gemeinderat Valentin mehr traut - zumindest nicht bei den letzten öffentlichen Diskussionen dazu. Tatsächlich gibt es keine nachweisbare Notwendigkeit für die "Windstille-Flugroute" über Liesing sondern gleich ein ganze Reihe von Alternativen (Rechtskurve von der Piste 29, südlichere Lage der Flugrouten, weniger Flugrouten, Starts von anderen Pisten...). Der öffentlichen Aussage von Politikern, dass es für die Flugroute über Liesing keine verkehrstechnische Notwendigkeit gibt, wurde in der letzten TV-Diskussion beim Bürgeranwalt auch nicht von der Austro Control widersprochen. Dass es bei den sogar bereits im Fernsehen gezeigten Flugroutenoptimierung im Sinne der Luftverkehrsregeln nicht um Verschiebungen im 100m Bereich Richtung Nachbarn sondern um ein möglichst großräumiges Umfliegen dicht besiedelter Gebiete in Wien und Niederösterreich geht, scheint man bei der Flughafenhotline bewußt zu ignorieren.
 
Flughafenhotline: Bei Betrachtung der Lage der aktuellen Abflugstrecken ist leicht erkennbar, dass bewusst darauf geachtet wurde die Orte im unmittelbaren Nahbereich des Flughafens zu umfliegen, um dort aufgrund der noch sehr geringen Höhe den Fluglärm auf ein unvermeidbares Minimum zu reduzieren, und die Flugzeuge erst etwas später in Richtung Destination fliegen zu lassen.

Kommentar: Eine genaue Betrachtung der neuen Lage der Abflugrouten zeigt in Wahrheit, dass diese auch in Flughafennähe zu massiven Verschlechterungen geführt haben in dem dort vorher weniger stark betroffene Orte direkt überflogen werden. Als Beispiele sind Rannersdorf, Rustenfeld und vor allem Himberg zu nennen. Um diese Verschlechterungen zu kaschieren wurde aber - glaubt man den auch schriftlich vorliegenden Aussagen Betroffener, die direkt in das Verfahren involviert waren - bei der Lärmberechnung getrickst. Etwas was mittlerweile auch im von Prof. Ehrendorfer herausgegebenen Buch "Ökologie Wien" nachzulesen ist. Zur Illustration der Verbesserungen und Verschlechterungen die Flugroutenlagen vor und nach 2004 mit Entlastung der damaligen Chefs von Flughafen und Austro Control (rote Kreise):
Flugroutenverlegung
 
Flughafenhotline:Wir hoffen Ihnen mit dieser Sachverhaltsdarstellung gedient zu haben und verbleiben

Kommentar: Insgesamt handelt es sich nicht um eine objektive Sachverhaltsdarstellung sondern um eine Fülle irreführenden Aussagen die teilweise nicht einmal den Status von Halbwahrheiten haben sondern sogar durch die Unterlagen des Flughafens selbst widerlegt werden. Damit ist auch dieses anonyme Mail der Flughafenhotline in die Kategorie Propaganda einzureihen.